Systemmedizin der Leber

Streben nach der Entwicklung nicht-invasiver Methoden zur Diagnose und Behandlung von NAFLD durch die Kombination von mathematischer Modellierung und biologischer Forschung

Einführung

Liver Systems Medicine, oder LiSyM, ist ein multidisziplinäres Forschungsnetzwerk, in dem Molekular- und Zellbiologen, klinische Forscher, Pharmakologen und Experten für mathematische Modellierung die Leber in ihrer Gesamtheit untersuchen. Das Netzwerk beendete im Juni 2021 seine Arbeit. Nachfolgeprojekt ist das Systemmedizinische Forschungsnetzwerk zur Früherkennung und Prävention von Leberkrebs „LiSyM-Krebs“. Mehr zu LiSyM-Krebs unter www.lisym-cancer.org.

LiSyM hatte zum Ziel, Fragen zur Entstehung und zum Verlauf der metabolischen Leberkrankheit nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) zu beantworten. Wodurch wird NAFLD ausgelöst? Wie entsteht sie? Wie können wir Diagnose und Behandlung verbessern? Mehr über die Arbeit im Netzwerk hier.

In LiSyM schlossen sich 37 Forschungsgruppen an 23 wissenschaftlichen Zentren und Institutionen in ganz Deutschland zusammen, um einige der komplexesten Probleme des menschlichen Körpers zu behandeln. Mehr über die Forschungsgruppen hier.

Lisym Forschung

Die Forschung konzentriert sich auf die vier zentralen, sich aber überschneidenden Themen der Säulen. Vier Nachwuchsgruppen befassen sich mit spezifischen Forschungsthemen.

Frühe stoffwechselbedingte Schädigung der Leber

Wann entwickelt eine Fettleber tatsächlich eine Störung?

Chronischer Verlauf der Leberkrankheit

Wenn Bindegewebe funktionstüchtige Leberzellen ersetzt.

Regeneration und Reparatur bei akut-chronischer Leberversagen

Leberversagen nach einer langen Krankheit: Kann es verhindert werden? Kann sich die Leber erholen?

Funktionsdiagnostik der Leber

Entwickelt computergestützte Diagnosewerkzeuge, die helfen, veränderte Leberfunktionen frühzeitig zu erkennen und zu beurteilen.

Neue Mitteilungen

Einheitsdosierungen werden nur einigen Individuen gerecht

30 Juni 2021 / Artikel
Menschen verarbeiten Medikamente unterschiedlich. Personalisierte PBPK-Modelle verbessern individuelle Dosierungen. Zum Artikel

So viel tragen Faktoren einzeln und in Kombinationen zur NAFLD bei

15 März 2021 / ARTIKEL
Das Bayessche Netzwerk von Ann-Kristin Becker ermittelt das Risiko für die Leberkrankheit genauer als gängige klinische Scores.
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Wichtige Zusammenhänge aus großen Datenmengen herausschälen

22 Februar 2021 / Artikel
Ein Interview mit Ann-Kristin Becker, Doktorandin an der Universitätsmedizin Greifswald, dazu, wie Bayessche Netzwerke auch in der Systembiologie aufdecken, welche Faktoren wie eng/stark voneinander abhängen
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PK-DB: Eine pharmakokinetische Datenbank für individualisierte und stratifizierte computergestützte Modellierung

23 Dezember 2020 / Veröffentlichung
Die LiSyM-Forscher Matthias König und Jan Grzegorzewski stellen gemeinsam mit internationalen Kooperationspartnern ihre offene Datenbank PK-DB für pharmakokinetische Daten aus klinischen Studien vor. Die Datenbank bietet viele einzigartige Features und stellt die erste offene Ressource für die Speicherung von pharmakokinetischen Daten und entsprechenden patientenspezifischen Metadaten nach den FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, and Reproducible) dar.

Die Datenbank, PK-DB-v0.9.3 (https://pk-db.com), besteht aus 512 Studien mit 1457 Gruppen, 6308 Individuen, 1408 Interventionen, 73 017 Ergebnissen, 3148 Zeitreihen und 37 Streuungen in Bezug auf Paracetamol, Koffein, Codein, Diazepam, Glucose, Midazolam, Morphin, Oxazepam, Simvastatin oder Torasemid. Es liefert kuratierte Informationen über Patienteneigenschaften, Arzneimitteltherapien und pharmakokinetische Parameter für Patientenkohorten in klinischen Studien. Die Daten, die standardisiert und maschinenlesbar sind, können Analysen unterstützen, die in der physiologisch basierten Modellierung in den Fachbereichen der Pharmakokinetik, Pharmakokinetik/Pharmakodynamik oder Populationspharmakokinetik durchgeführt werden.

Die Autoren gehen davon aus, dass PK-DB eine bessere Berichterstattung über pharmakokinetische-Studien fördern wird, indem es ein Mittel zur Datendarstellung und -integration bereitstellt. Der Zugriff auf PK-Daten in einer zentralen Datenbank wird die Wiederverwendbarkeit von pharmakokinetischen Daten verbessern. PK-DB wird auch die Datenintegration zwischen klinischen Studien und mathematischen Modellen erleichtern.

Veröffentlichung: Jan Grzegorzewski, Janosch Brandhorst, Kathleen Green, Dimitra Eleftheriadou, Yannick Duport, Florian Barthorscht, Adrian Köller, Danny Yu Jia Ke, Sara De Angelis, Matthias König, PK-DB: pharmacokinetics database for individualized and stratified computational modeling, Nucleic Acids Research, , gkaa990, https://doi.org/10.1093/nar/gkaa990

Vom Labor mit Mathematik in die Klinik - Bedeutung für medizinische Fortschritte

20 Dezember 2020 / Artikel
Viele experimentelle Ergebnisse erreichen die Patienten nur über mathematische Modelle. Der Computerwissenschaftler Dr. habil. Dirk Drasdo, ein Experte für Simulationen im systembiologischen Forschungsnetzwerk zur Leber, LiSyM, erklärt, wie Modelle bedeutend zum medizinischen Fortschritt bei akuten und chronischen Störungen der Leber beitragen können.
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Vom Labor mit Mathematik in die Klinik – technische Aspekte der Modellentwicklung

20 Dezember 2020 / Artikel
Mathematische Modelle von biologischen Systemen zu entwickeln, ist zeitaufwändig und wissenschaftlich anspruchsvoll. Doch nur auf diesem Weg erreichen viele experimentelle Ergebnisse die Patienten. Computerwissenschaftler Dr. habil. Dirk Drasdo vom systembiologischen Forschungsnetzwerk LiSyM erklärt einige technische Hintergründe. Der Experte für Simulationen beschreibt am Beispiel seines Lebermodells wie sich Chemie, Physik, Biologie, Pharmazie und Medizin in mathematische Gleichungen und Simulationen verwandeln.
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LiSyM erforscht, wie Gene die NAFLD beeinflussen

27 Oktober 2020 / Artikel
Gene haben bei vielen Erkrankungen einen Einfluss. „Für die NAFLD spielt das genetische Profil eine wichtige Rolle“, sagt Professor Dr. med. Frank Lammert. Im Forschungsnetzwerk LiSyM untersucht er Genvarianten, die steuern, wie empfänglich Personen für NAFLD sind. Andere Varianten beschleunigen den Verlauf der Erkrankung oder erhöhen das Risiko für Komplikationen. „Wie gut Therapien wirken, hängt ebenfalls von Genen ab“, erklärt Lammert und fordert: „Wir brauchen mehr große Patientenstudien, die klinische und molekulare Profile mit genetischen Daten zusammenbringen!“ Nur so können neue Erkenntnisse aus der genetischen Forschung bei Patienten ankommen.
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Die Metabolische Lebererkrankung NAFLD – ein wachsendes Gesundheitsproblem

19 Oktober 2020 / Artikel
Ein „wachsendes öffentliches Gesundheitsproblem“ nennen die Weltorganisation für Gastroenterologie WGO und andere medizinische Fachverbände die metabolische Lebererkrankung NAFLD (nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, Abk. v. Engl. nonalcoholic fatty liver disease). Schon heute hat weltweit einer von vier Menschen eine nicht-alkoholische Fettleber. In den USA und Europa sind es um 40%, schätzt die European Association for the Study of the Liver (EASL). Für Deutschland geht die Organisation von 12 Millionen Betroffenen aus.<
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Wegweisende Einblicke in die Funktionsweise der Leber

6 August 2020 / Veröffentlichung
Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden an Lebererkrankungen. Noch verstehen wir viele Grundfunktionen der Leber nicht ausreichend, um Erkrankungen bestmöglich zu behandeln. In einem LiSyM-Projekt, der von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, konnte ein Team am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) zeigen, dass der Transport der in der Leber gebildeten, giftigen Galle grundlegend anders erfolgt, als es die Lehrmeinung bisher vertritt: Nach der Studie fließt die Galle nicht in den Gallenkanälchen der Leber. Vielmehr steht die Flüssigkeit in diesen Kanälchen und die Gallenbestandteile breiten sich dort per Diffusion aus. Ein internationales Forschungsteam um IfADo-Experte Dr. Nachiket Vartak liefert nun im Fachmagazin „Hepatology“ neue Daten. Sie haben das Potenzial, die bisherigen wissenschaftlichen Annahmen zu den Transportgrundlagen der Galle zu verändern. Die Ergebnisse wurde in der Zeitschrift Hepatology veröffentlicht.
„Unsere neuen Erkenntnisse erfordern eine wissenschaftliche Debatte in der Leberforschung, die zu einer Anpassung der Lehrmeinung an die neue Beobachtung führen wird. Es bleibt zu hoffen, dass so langfristig Fortschritte bei der Therapie von Lebererkrankungen erzielt werden“, sagt Dr. Nachiket Vartak, Nachwuchswissenschaftler in dem LiSyM-Forschungsprojekt.

Press release (English):
https://www.ifado.de/ifadoen/blog/2020/08/06/liver/

Press release (German):
https://www.ifado.de/2020/08/06/leber/

Explainer Video:
https://www.youtube.com/watch?v=W5uGZamqD4M&t=23s

Publication: Vartak, N. et al.: Intravital dynamic and correlative imaging reveals diffusion-dominated canalicular and flow-augmented ductular bile flux. Hepatology 2020. doi: 10.1002/hep.31422

Verlust von hepatischem Mboat7 führt zu Leberfibrose

Juli 2020 / Artikel
LiSyM-Forscher stellen fest, dass ein Mangel an MBOAT7 eine Leberfibrose ohne offensichtliche Entzündung verursacht.
In Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Forschungspartnern untersuchten Mitglieder des LiSyM-Netzwerks die Rolle von MBOAT7 rs641738C>T - einer Variante des MBOAT7-Proteins (membrangebundenes O-Acyltransferase - Domäne enthaltendes Protein 7) - bei der Entstehung und Entwicklung von NAFLD (nichtalkoholische Fettlebererkrankung). Sie kommen zu dem Schluss, dass ein MBOAT7-Mangel zur Entwicklung einer Leberfibrose ohne Entzündung über einen Weg führt, der durch Lipidsignale vermittelt werden könnte. Dieses Wissen könnte zu einer verbesserten Behandlung von NAFLD führen.

Ihre Studie basiert auf der Analyse von Mäusen mit Hepatozyten-spezifischer Mboat7-Deletion, von Assoziationen zwischen dem rs641738C>T-Genotyp und eine Leberentzündung und -fibrose bei 846 NAFLD-Patienten sowie von Genotyp-spezifischen Lipidomen der Leber aus 280 menschlichen Biopsien.

Zur Veröffentlichung:
https://gut.bmj.com/content/early/2020/06/25/gutjnl-2020-320853.long

Ein heiliger Gral der Systembiologie

19 Februar 2020 / Artikel
Mathematische Modelle hält LiSyM Direktor Professor Dr. med. Peter Jansen für unverzichtbar zur Erforschung biologischer Systeme.
Menschliche Körper sind komplexe, biologische Systeme: In jeder Zelle laufen zahllose Reaktionen ab, die teils zusammenhängen oder weitere Prozesse beeinflussen. Auch die Zellen, Gewebe und Organe stehen eng miteinander in Verbindung. Derartige Systeme aus vielschichtigen Prozessen, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zu erforschen, findet Professor Dr. med. Peter Jansen, der Direktor des Forschungsnetzwerks LiSyM nur mit mathematischen Modellen sinnvoll: Nur die Modelle, die biologische Systeme auf Computern simulieren, können die bestehende Masse an heterogenen Daten sinnvoll zu dynamischen Nachbildungen zusammenfügen. Mathematische Modelle führen Systemforschung schneller zu Erfolgen. Die Idee, dass digitale Computer essentiell dazu beitragen können, ist älter als die Maschinen selbst.
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Bessere Diagnose von NAFLD mit einem 3D-Modell des menschlichen Lebergewebes

11 December 2019
In Zusammenarbeit mit internationalen Forschern haben die Mitglieder des Forschungsnetzwerks Liver Systems Medicine (LiSyM) die Technologie und das Wissen entwickelt, um geometrische und funktionelle 3D-Modelle des menschlichen Lebergewebes in verschiedenen Stadien der nicht- alkoholischen Fettleberkrankheit, NAFLD, zu erstellen. Mit diesen hochauflösenden Modellen können Zell- und Gewebemarker quantifiziert werden, um zu bestimmen, wie weit NAFLD bei einzelnen Patienten fortgeschritten ist, und dadurch die medizinische Diagnose deutlich zu verbessern.
zur Pressemitteilung

Research with liver tissue has a long tradition and has been the basis of the discipline of biochemistry. Over the years this research has yielded a wealth of stored quantifiable data. In Systems Medicine these data are re-used to integrate with new data as to develop multi-scale computational models that help in understanding the complexity of metabolism and its derangement in human diseases.
This should lead to a more personalised type of medicine, earlier diagnosis and new therapies

Peter Jansen